30. Sonntag im Jahreskreis C 2016
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30. Sonntag im Jahreskreis 2016 C

Messtexte | Word-Dokument

Dieses Evangelium trifft mich persönlich immer sehr, denn ich muss mir hier immer die Frage stellen: Bin ich auch so ein Pharisäer, den Jesus verurteilt? Ein Priester betet auch viel, er dankt dem lieben Gott, er fastet, er spendet, usw. Was macht der Pharisäer falsch?

Der Pharisäer spricht ein Dankgebet. Hab ich nicht auch vor kurzem darauf hingewiesen, dass das Danken etwas ganz wichtiges ist? Wir haben vor kurzem das Erntedankfest gefeiert. Ein Pharisäer widmet sich mehrere Stunden am Tag dem Gebet und der Schriftlesung. Sein ganzes Leben ist ein einziger Gottesdienst. Ist das schlecht?

Zweimal in der Woche fastet er. Die Wahrheit dieser Aussage wird nicht in Frage gestellt. Wir haben unseren Fasttag, den Freitag, an dem wir ein Opfer bringen sollen, fast vergessen. Früher war es noch einfach, dass wir einfach kein Fleisch essen. Jetzt ist es gar nicht mehr im Bewusstsein, dass wir an diesem Tag ein Opfer bringen sollen. Wer denkt noch daran? Die Fastenzeit ist auch noch lange hin. Der Pharisäer aber tut es also jede Woche zweimal. Wie vorbildlich!

Dann gibt er den Zehnten. Das sind bei einem Einkommen von 2000 Euro im Monat 200 Euro. Im Jahr 2400 Euro. Bei uns liegt der Kirchenbeitrag bei 1,1%. Das sind 22 Euro im Monat. Niemand von uns kann das vorweisen, was der Pharisäer uns vorlebt.

Und er wird von Jesus verurteilt! Er geht nicht als Gerechter nach Hause.

Es sind das eigentlich die drei Dinge „Gebet, Fasten, Almosen geben“, die Jesus einmal in der Bergpredigt lobt zu tun! Aber was ist der Unterschied? Warum ist der Pharisäer bei Jesus nicht angesehen? Jesus sagt hier konkret: Wenn du betest, mach es nicht wie die Heuchler, sondern bete im stillen Kämmerlein. Wenn du fastest, mach es so, so dass die anderen es nicht merken. Wenn du Almosen gibst, dann so, dass die Linke nicht weiß, was die Rechte tut. Du sollst es im Verborgenen tun. Wer sich damit rühmt, der hat seinen Lohn schon. Der Vater, der im Verborgenen alles sieht, wird es diesem in der Ewigkeit vergelten.

Was ist also der Fehler des Pharisäers? Er tut diese drei Dinge nicht in richtiger Weise. Es ist alles Ich-bezogen: das Fasten, das Spenden, das Gebet. Beim Gebet heißt es im griechischen wörtlich: Er trat hin und betete folgendermaßen zu sich selbst. Er betet also nicht zu Gott, sondern schaut sich selbst an im Gebet. Ein solcher Mensch erkennt weder Gott noch sich selbst. Er hat ein schönes Bild von sich und spricht sich selbst heilig. Auf ein solches Gebet antwortet Gott nicht.

Beim Zöllner jedoch ist es anders. Er ist wirklich einer, der ein sündhaftes Leben führte. Er log und betrog. Er brachte andere ins Unglück und hatte keine Zeit für Gott. Aber nun kommt er mit gesenkten Augen! Und diese gesenkten Augen erblicken, was dem Pharisäer verborgen blieb: die Barmherzigkeit Gottes und den eigenen Zustand der Seele im Lichte Gottes. Er erkennt, dass er ein armer Sünder ist und bereut und das genügt dem lieben Gott. Gott will nicht, dass wir ihm unsere Leistungen aufzählen, sondern er will unsere Liebe. Er will unsere Armseligkeit und dass wir uns ihm ausliefern.

Letztlich ist es natürlich der Hochmut und der Stolz im Denken des Pharisäers, das Gott verurteilt. Gott liebt die demütigen Menschen, die Gott ganz vertrauen und die sich bewusst sind, dass sie ohne die Gnade nichts sind, dass wir die Barmherzigkeit Gottes brauchen und einsehen, dass wir auch Sünder sind. Nur dann wird Gott auch zu uns sagen, so wie er es dem Zöllner versprochen hat: Du wirst gerechtfertigt nach Hause gehen. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024