2. Fastensonntag B 2024
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2. Fastensonntag 2024 B

Messtexte | Word-Dokument

Jeder von Ihnen ist schon einmal auf einen Berg gestiegen. Der Berg ist etwas Besonderes. Das Bergsteigen ist nicht nur aus gesundheitlichen Gründen für manche eine angenehme Abwechslung und eine beliebte Freizeitbeschäftigung, sondern es gibt noch andere Gründe, diese Mühe auf sich zu nehmen. Wir fühlen uns frei. Wir sehen die Schönheiten der Natur. Auf dem Gipfel sieht man weit in das Land hinein. Auf einem hohen Berg ist es oft sehr ruhig, und man kann die Stille angenehm spüren. Auf dem Berg steht das Gipfelkreuz, das uns an Jesus erinnert. Der Berg ist Zeichen für die Nähe Gottes. Denken wir nur an Mose, der auf einem Berg die 10 Gebote empfangen hat.

Jesus steigt öfter auf einen Berg. Er tut dies manchmal um zu lehren. Das war bei der Bergpredigt der Fall. Er geht auf den Berg, um zu beten und um sich zurückzuziehen. Auch die Himmelfahrt Christi wird auf einem Berg stattfinden. Heute steigt er auf einen hohen Berg, der nach der Tradition der Berg Tabor war. Er nimmt drei seiner besten Freunde mit: Petrus, Johannes und Jakobus. Genau diese Drei wird er später auch auf einen anderen Berg mitnehmen: den Ölberg.

Auf beiden Bergen, heißt es, ging Jesus, um zu beten. Auf beiden Bergen schliefen die Jünger ein. Wie verschieden aber sind doch diese beiden Berge?

Der Ölberg ist der Berg des großen Leidens, auf dem Jesus Blut geschwitzt hat, auf dem er die Einsamkeit so stark spürte und auf dem ihn die Jünger kläglich im Stich ließen.

Der Berg Tabor ist der Berg, auf dem er verwandelt wird. Er leuchtet strahlend weiß. Hier ist Petrus so begeistert, dass er gleich drei Hütten bauen will, um zu bleiben.

Wer hat noch nicht solche Taborstunden in seinem Leben gehabt? Jeder von uns hat schon Stunden erlebt, in denen er so richtig glücklich ist. Es waren Stunden, an die wir uns gerne zurückerinnern und an die wir immer wieder gerne denken. Es sind dies Stunden, die sich bei uns im Gedächtnis eingeprägt haben. Du sehnst dich erneut danach und träumst davon.

Vielleicht ist es bei jemandem auch ein kirchliches Fest: die Erstkommunion, die Hochzeit, ein Osterfest oder ein Weihnachtsfest. Es gibt solche Feste, bei denen sich der Himmel geöffnet hat, sich unser Herz geweitet hat, und man die Gnaden regelrecht gespürt hat, die wir in diesem Augenblick von Gott geschenkt bekamen.

Für Petrus ist es heute so eine Stunde. Als er Jesus plötzlich in strahlendem Licht sah, war er so beglückt, dass er diese Erfahrung für immer festhalten wollte. Daher hat er die Idee „Hütten zu bauen“, um für immer mit Jesus auf dem Berg bleiben zu können. In dieser Rede drückt sich ein urmenschlicher Wunsch aus, das Glück festzuhalten. Doch wer das Glück festhalten will, dem entzieht es sich oft sehr schnell wieder. In der Erinnerung kann man sich in den leidvollen Stunden des Lebens sich dieser Stunden des Lichts erinnern. Wir können an die Freude denken, die uns in der Ewigkeit einmal erwartet. Die Verklärung Jesu ist nämlich ein Hinweis auf den Himmel und eine Vorwegnahme der Herrlichkeit Jesu. Seine Gottheit, die den Jüngern doch immer auch verborgen war, leuchtete nicht nur durch, wenn er Wunder wirkte, sondern auch in diesem Augenblick, da sein Gesicht strahlte wie die Sonne und sein Gewand leuchtend weiß wurde.

Beim Hinabsteigen vom Berg spricht Jesus aber bereits wieder von seinem Leiden. Auch in unserem Leben ist Freude und Leid oft sehr eng beieinander. Auch in unserem Leben kommen Zeiten, in denen es uns nicht so gut geht, in denen wir Opfer bringen müssen und in denen wir leiden werden müssen.

Die Fastenzeit ist die Zeit, in der wir uns mit Jesus besonders mit seinem Leiden in Jerusalem verbinden wollen und mit ihm den Kreuzweg gehen wollen.

Am heutigen Sonntag begegnet uns also ein Berg des himmlischen Glanzes. Letzte Woche hörten wir im Evangelium, dass Jesus 40 Tage in der Wüste gefastet hat, und er wurde auf einem Berg vom Teufel in Versuchung geführt. Vor uns wartet der Ölberg und dann wird der Kalvarienberg das Leiden vollenden. Auf diesem Kalvarienberg hängt Jesus zwischen zwei Verbrecher. Auf dem Berg Tabor, dem Berg der Verklärung, stehen neben Jesus Mose und Elia. Ölberg und Kalvarienberg sind Berge des Leidens. Auf dem Berg Tabor dürfen wir Jesus einen kurzen Augenblick im Glanz der Herrlichkeit sehen. Beim Herabsteigen werden wir aber sofort, wie bereits gesagt, wieder an das Leiden erinnert.  Auf Tabor möchten die Jünger immer bleiben, vor Golgotha fliehen sie; nur Johannes nicht. Die Flucht vor dem Kreuz ist etwas durchaus Verständliches. Wir wissen aber auch, dass das Kreuz nicht das Ende ist, sondern dass Jesus den Tod bezwungen hat. Jesus hat dem Leiden einen Sinn gegeben, denn nach dem Leid kommt die Freude. Das Leid ist begrenzt, die Freude unendlich.

Diese Freude werden wir erfahren, wenn wir tun, was die Stimme aus der Wolke gesagt hat: „Dieser ist mein geliebter Sohn. Auf ihn sollt ihr hören.“ Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024