2. Sonntag nach Weihnachten 2015
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2. Sonntag nach Weihnachten 2015 B

Messtexte | Word-Dokument

Folgende Geschichte habe ich einmal gelesen.

„Es gibt Streit am Frühstückstisch. Wie so oft entzündete er sich an einer Lappalie. Vater versteckt sich hinter der Zeitung und die Mutter zieht sich in die Küche zurück. Als er nach seiner Zeitungslektüre an der Küchentür vorbei kommt und ihr eine Frage stellt, schlägt ihm nur eisiges Schweigen entgegen. Sie ist so richtig sauer. Mehrmals versucht er, ihr Schweigen zu brechen, doch ohne Erfolg. Auch beim Mittagessen fällt kein Wort.

Gegen 14 Uhr erwischt sie ihn in der Küche. Er zieht jede Schublade auf und sieht forschend hinein. Jede Schranktür macht er auf und seine Blicke schweifen suchend umher. Schließlich hält sie es nicht mehr aus und sagt: „Was suchst Du denn, um Himmels willen?“ Er schaut sie an und strahlt: „Ich habe verzweifelt nach deiner Stimme gesucht. Gott sei Dank habe ich sie gefunden.“ Beide lächeln sich an. Sie sind versöhnt.“

Was kann ein Wort alles bewirken! Es kann einen Streit oder gar einen Krieg entfachen. Es kann aber auch Frieden und Versöhnung stiften. Ein Wort kann Ablehnung signalisieren und unglücklich machen. Es kann aber auch Zuneigung ausdrücken und einen Menschen zutiefst glücklich stimmen.

 

Als Evangelium haben wir die ersten Verse des Johannesevangeliums gehört. Da kam auch etwas von einem Wort vor. „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ Und etwas später: „Und das Wort ist Fleisch geworden.“

Was hat dieses Wort bewirkt? Dieses Wort hat die Erlösung bewirkt. Es ist dies das Weihnachtsevangelium des hl. Johannes. Es ist eigenartig, denn es erzählt weder von Betlehem, noch von der Krippe. Wir hören nichts von den Hirten. Maria und Josef kommen auch nicht darin vor. Ja nicht einmal das Jesuskind wird erwähnt, so wie wir es aus der Weihnachtsgeschichte kennen. Und doch erzählt das Evangelium von Weihnachten. Es berichtet zwar nicht, wie Jesus in die Welt kam, dafür aber, wozu er geboren wurde. Jesus ist das Wort, das uns Nachricht von Gott bringt.

Er ist der, der von allem Anfang an die Menschen in Staunen versetzt. Sein Wort ist das mächtige Wort Gottes. Vom zwölfjährigen Jesus im Tempel heißt es: „Alle, die ihn hörten, waren erstaunt über sein Verständnis und über seine Antworten.“ Dem Dämon befiehlt er: „Schweig und verlass ihn!“ Im darauffolgenden Vers heißt es dann: „Und einer fragte den andern: Was ist das für ein Wort? Mit Vollmacht und Kraft befiehlt er den unreinen Geistern und sie fliehen.“ Was ist das für ein Wort? Dem Sturm auf dem See droht er: „Schweig und sei still!“ Und der Sturm legt sich. Die Menschen sagen zueinander: „Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar der Wind und der See gehorchen?“

„Steh auf!“ So gebietet er dem Gelähmten, und der Mann steht sofort auf und geht vor aller Augen weg. Was ist das für ein Wort? Im Anschluss an seine Rede in seiner Heimatsynagoge in Nazareth heißt es: „Seine Rede fand bei allen Beifall. Sie staunten darüber, wie begnadet er redete.“

Bis in die Gegenwart wirkt dieses Wort mächtig und kraftvoll. Dieses Wort war oft Stein des Anstoßes. Seine Lehre ist hart. Wer kann sie ertragen? Dieses Wort ist heute noch für so manche unerträglich und nicht annehmbar, aber es begeistert auch viele Menschen. Auch heute fühlen sich Menschen von Gottes Wort, von Jesus gerufen. In aller Welt sind sie bereit, „auf sein Wort hin“ alles liegen und stehen zu lassen, um ihm nachzufolgen und sein Wort zu verkünden bis zu den Enden der Erde. Sie verkünden mit den Worten das Wort. Die Botschaft lautet: Das Wort ist Fleisch geworden.

Dieses Wort brachte nicht nur die Erlösung, dieses Wort bringt Frieden. Dieses Wort brachte Heilung. Dieses Wort ist Gott selbst, der Mensch wurde. Das ist die Weihnachtsbotschaft des Johannes. Oftmals möchte der Mensch diese Botschaft umdrehen und diese lautet dann. „Der Mensch ist Gott geworden.“ Der Mensch macht sich zum Schöpfer des Menschen. Diese Gefahr schwebt in der Luft, wenn Menschen sich z.B. durch Klonen oder künstliche Befruchtung selbst produzieren. Das ist die pervertierte Botschaft des Weihnachtsevangeliums. Die Weihnachtsbotschaft wollen wir nicht umdrehen. Gott ist Mensch geworden. Das Wort ist Fleisch geworden. Das bleibt für alle Mal das große Geheimnis unseres Glaubens, das wir demütig anbeten wollen im Kind in der Krippe. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024