Palmsonntag A 1996
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Palmsonntag 1996 A

Messtexte | Word-Dokument

Die Fastenzeit hindurch waren wir mit Jesus auf dem Weg nach Jerusalem. Heute Palmsonntag zieht er mit Triumph in diese Stadt ein. Ein junger Esel ist sein königliches Reittier. Die letzten Tage seines Lebens sind angebrochen. Und plötzlich ändert sich das Verhalten Jesu und er lässt sich bejubeln. Das ist doch sehr eigenartig, denn das hat er doch immer abgelehnt. Wenn er jemand geheilt hat, hat er oft verboten es weiterzusagen, wer ihn geheilt hat. Er hat den Aposteln verboten zu erzählen, was sie bei der Verklärung auf dem Berg Tabor erlebt hatten. Er hat den bösen Geistern und Dämonen verboten zu sagen, wer er sei.

Und jetzt?! Jetzt lässt er sich feiern wie ein König. »Hosanna dem Sohne Davids. Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn, der König Israels.« Dieser irdische König ist er doch gerade nicht, der das Volk der Juden mit Gewalt, womöglich mit Waffengewalt, von der Besatzung der Römer befreien soll. Der, den sie sich erwartet, erhofft und gewünscht hatten, hätte jetzt die letzte Möglichkeit gehabt zum Aufstand zu rufen, zum Widerstand gegen die Römer. Auf so einen Anführer haben sie lange gewartet. Aber er macht es nicht. »Sein Königreich ist nicht von dieser Welt«, wird er ein paar Tage später Pontius Pilatus sagen.

Warum also lässt er sich feiern? Er will uns mit diesem triumphalen Einzug in Jerusalem nur zeigen, dass es für ihn leicht möglich gewesen wäre, den Anführer zu machen und das ganze Volk zu begeistern bzw. sie dann gegen die Römer aufzuhetzen, wenn er nur gewollt hätte.

Als ich so nachgedacht habe bei der Vorbereitung dieser Predigt, ist mir ein Gedanke immer wieder durch den Kopf gegangen. Heute am Palmsonntag haben die Juden Jesus zugejubelt. Sie waren ganz begeistert von ihm. Sie legten Kleider vor ihm hin und zierten den Weg mit Palmzweigen. Kurze Zeit später jedoch, nur ein paar Tage später, sind sie umgefallen, haben ihre Meinung total geändert, haben sich von den Schriftgelehrten beeinflussen lassen, aufwiegeln lassen, sodass sie laut schreien konnten: »Ans Kreuz mit ihm.«

Das macht doch sehr betroffen. Wie ist doch der Mensch? Wie leicht ist er zu beeinflussen? Wie wankelmütig ist er? Manche sind wie ein Windfähnchen, einmal so und einmal so. Oft ist der beste Wille da, ein guter Vorsatz und doch sind wir Menschen so schwach und fallen beim geringsten Widerstand um, bei der geringsten Anstrengung. Haben nicht auch wir Jesus zugejubelt, wenn es leicht war, und ihn dann doch kurze Zeit später wieder verleugnet und ans Kreuz geschlagen durch unsere Sünden, durch unseren Egoismus, durch unseren Hochmut, durch unsere Habgier, unseren Neid? Das sind alles Sünden, die Gott missfallen.

Wenn sie noch nicht gebeichtet haben, noch ein Tipp für ihre Osterbeichte. Nehmen sie sich ein bisschen Zeit für die Gewissenserforschung. Gehen sie einen Gewissenspiegel durch. Beten Sie am Anfang um den Heiligen Geist, dass er Sie erleuchte, dass sie ihre Sünden richtig erkennen. Beichten sie ehrlich und lassen sie keine Sünde bewusst aus, denn nur dann können sie das Geschenk der Befreiung erfahren und spüren, dass Jesus uns durch seinen Kreuzestod von unseren Sünden erlöst hat. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024