2. Adventssonntag A 2022
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2. Adventssonntag 2022 A

Messtexte | Word-Dokument

Im Advent steht eine Person im Mittelpunkt, die man als Bindeglied zwischen dem Alten und dem Neuen Testament bezeichnen könnte. Es ist Johannes der Täufer. Er wird auch der Vorläufer Jesu genannt. Er ist der letzte Prophet des Alten Bundes, der den Erlöser ankündigt, und wir finden seine Taten aber aufgezeichnet in den Evangelien des Neuen Testaments.

Vergleichen wir Johannes den Täufer heute einmal mit dem Weihnachtsmann, der uns auch in diesen Tagen begegnet. Immer mehr steht diese Person für unsere Gesellschaft im Mittelpunkt des Advents. Das ist kein Wunder, denn er ist auch viel angenehmer. Für die Wirtschaft ist er besonders interessant, denn dieser Reklamegag hebt die Einkaufszahlen. Für die Kinder ist er anziehend, denn er beschenkt sie mit leckeren Gaben.

Da hat es ein Bußprediger, wie Johannes es ist, natürlich schwer seine Stellung zu behaupten. Noch dazu, wenn er uns in der Heiligen Schrift so unattraktiv dargestellt wird. Wer ist schon begeistert von diesem unbequemen Mann, dessen Gewand mit Kamelhaaren abstoßend wirkt. Da gefällt doch besser das rote Gewand des Weihnachtsmannes mit dem weißen Bart und der roten Mütze. Wer ist schon begeistert von seiner Nahrung mit den Heuschrecken, die unappetitlich ist. Da gefällt doch besser der volle Sack mit den Nüssen und Keksen des schenkenden Weihnachtsmannes. Wer ist schon begeistert von seinen Worten über Buße und Umkehr, die erschrecken, so wie die Beschimpfungen der Pharisäer mit Schlangenbrut, die diese beleidigen. Da gefällt schon besser das aufmunternde Lachen „Hohoho“ und das liebevolle und helle Geläute beim Schlitten oder bei einer Kutsche mit den Pferden.

Und doch zeigt uns die Kirche den rauen, unbequemen Johannes, denn er zeigt auf den Kommenden, der größer ist als alle anderen. Damals waren die Leute von ihm begeistert. Zumindest war er so anziehend, dass sie in Scharen hinauspilgerten in die Wüste, wo er sich aufhielt. Dort haben sie ihre Sünden bekannt und sich taufen lassen, wie er ihnen predigte.

Johannes und der Weihnachtsmann sind zwei konträre Gestalten. Johannes finden wir in der Kirche, den Weihnachtsmann in der Fußgängerzone.

Heute sage ich ihnen etwas über den Sonderling Johannes. Er ist eine seltsame Gestalt, die drei unmögliche Haltungen aufweist. Ich habe es schon angedeutet: Erstens sein Aufenthaltsort war die Wüste. Zweitens seine Kleidung und drittens seine Ernährung. Das alles ist doch sehr sonderbar.

Was tut Johannes in der Wüste, einem Gebiet, in dem die Tagestemperaturen im Schatten oft auf fünfzig Grad ansteigen und in der Nacht kommt der krasse Temperatursturz? Warum tritt er nicht in Jerusalem auf, um zu predigen? Dort hätte er doch viel mehr Publikum, denn dorthin pilgerten alle Juden. Nein, er kommt aus der Stille der Wüste und wird der Rufer in der Wüste.

Warum diese ungewöhnliche Kleidung? Seine karge Kleidung weist hin auf die Einfachheit und Armut.

Warum diese außergewöhnliche Nahrungsaufnahme? Seine unmögliche Ernährung verdeutlicht seine asketische Lebensweise. Predigt und Leben widersprechen sich also nicht. Daher wird seine Botschaft auch glaubwürdig. Viele Juden glaubten ihm, folgten ihm und kehrten um.

Beeindruckend ist sein Mut in den Predigten. Er scheute sich nicht die Sünde beim Namen zu nennen. Er hat nicht gepredigt: „Lieber Herodes, du hast recht. Heirate nur die Frau deines Bruders. Wenn du sie wirklich liebst, ist das in Ordnung.“ Er hat anders gesagt. Er hat zu ihm gesagt: „Es ist dir nicht erlaubt, deines Bruders Frau zu haben.“

So hat er also deutlich den Menschen von damals die Wahrheit gesagt, die so mancher nicht gern hört, weil es seine Umkehr verlangen würde.

Fasziniert hat seine Radikalität. Er redet nicht nur, sondern er lebt, was er predigt. Er nahm das Leben und den Glauben ernst. Seine Bescheidenheit und seine Demut waren echt. Das spürten die Leute von damals. Nichts war für ihn mehr abzulehnen als die Lauheit.

Seine Botschaft war: Ich verkünde euch einen anderen. Nicht ich bin der Messias, sondern ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste. Der nach mir kommt, ist stärker als ich. Ich bin nicht würdig ihm die Schuhriemen zu öffnen.

Johannes verstand sich als Werkzeug. Jesus muss wachsen, ich muss abnehmen. Nicht ich bin die wichtige Person, sondern der, den ich ankündige, der Messias.

Dies soll auch unsere Einstellung sein. Auch in uns, in unserem Herzen soll Jesus zunehmen und ich abnehmen. Das Ich, der Eigenwille, der Egoismus muss verschwinden, dann werden wir den Willen Gottes besser erkennen können.

Das ist die Umkehr, die Johannes verkündet. Er zeigt auf Jesus, der unser Weg ist. Umkehr bedeutet seinen eigenen Weg verlassen und Jesus nachfolgen, der von sich sagt: Ich bin der Weg. Wenn die Stimme also verkündet: Bereitet den Herrn den Weg, heißt das auch, dass wir uns auf diesen Weg machen sollen und ihm entgegengehen. Der Advent gibt dazu die Gelegenheit. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024