6. Ostersonntag A 2017
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6. Ostersonntag 2017 A

Messtexte | Word-Dokument

Über 3 Wörter aus dem Evangelium, die mit dem Buchstaben „W“ beginnen, möchte ich ein paar Worte sagen. Über Waisen, Wahrheit und Welt.

„Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen.“ Es ist etwas ganz Schlimmes, wenn jemand ein Waisenkind wird, wenn Eltern sterben und noch kleine Kinder zurücklassen. Das Wort Waise drückt Verlassenheit aus: kein Vater mehr, keine Mutter mehr. Ob nicht in der heutigen Zeit viele Kinder, deren Eltern sich scheiden lassen, auch ein bisschen etwas von diesem Schmerz eines Waisenkindes mitbekommen. Manche fühlen sich dann leider auch von Gott verlassen, und manche geben ungerechterweise Gott die Schuld. Gott hat sich anscheinend zurückgezogen, nicht geholfen.

Die frühen Christen haben, obwohl ihnen Jesus versprochen hat, sie nicht als Waisen zurückzulassen und ihnen den Heiligen Geist gesandt, sicherlich trotzdem eine große Sehnsucht nach Jesus gehabt. Sie haben Jesus vermisst. Sie haben sehnsüchtig auf die Wiederkunft Christi gewartet. Wir warten auch auf ihn.

Zweitens sendet uns Jesus den Geist der Wahrheit. „Was ist Wahrheit?“, fragt schon Pilatus. In der heutigen Zeit können viele nicht mehr an die Wahrheit glauben, dass die Kirche die Wahrheit verkündet, dass uns Jesus die Wahrheit geoffenbart hat, dass er uns den Geist der Wahrheit gesandt hat.

Es war im Jahre 1862, etwa 8 Jahre nach der Verkündigung des Glaubenssatzes von der Unbefleckten Empfängnis, da hat ein protestantischer Gelehrter  in einer großen Bibliothek Texte des hl. Ephräm durchforscht, der im 4. Jahrhundert gelebt hat. Plötzlich kam ihm der Gedanke: Wenn ich in diesen alten Schriften etwas über die Unbefleckte Empfängnis finde, soll das ein Zeichen sein, dass die katholische Kirche über die Jahrhunderte doch die volle Wahrheit gelehrt hat. Und siehe da, bald stieß er auf die folgende Stelle, wo Ephraim schrieb: „Du und deine Mutter, ihr seid die einzigen, die ganz schön sind, denn in dir, o Herr, ist kein Flecken und in deiner Mutter kein Makel.“ Der Gelehrte hatte gefunden, was er suchte und wurde katholisch.

Der Heilige Geist wacht sozusagen über die Kirche, dass sie in keinen Irrtum fällt. Das wurde ihr verheißen von Jesus. Ich werde euch den Geist der Wahrheit senden, der euch in die ganze Wahrheit einführen wird.

Jesus selbst ist nicht mehr unter uns, aber sein Geist wirkt. Und damit bin ich beim dritten Wort „Welt“

„Die Welt sieht mich nicht mehr. Ihr aber seht mich.“ Was ist damit gemeint? Die Welt sieht Jesus wirklich nicht mehr. Er ist nicht mehr leiblich sichtbar unter uns wie vor 2000 Jahren, aber der gläubige Christ sieht Jesus. Ihr seht mich! Ihr seht mich in der Eucharistie, im Geheimnis des Altarsakramentes. Ihr seht mich in der Kirche, meiner Braut, im Wirken der Kirche, wenn sie den Glauben verkündet. Ihr seht mich in den Priestern, die mich in der heiligen Messe auf den Altar herunterholen. Ich wirke durch den Priester in den Sakramenten. Ihr seht mich im Stellvertreter Jesu Christi, im Papst. Wenn er spricht, dann hört ihr mich. Das alles sieht die Welt nicht. Das sieht nur ein gläubiges Herz.

Wir werden also wirklich nicht als Waisen zurückgelassen, denn er hat uns den Geist der Wahrheit gesandt, den die Welt nicht sieht, sondern nur die, die an seine Botschaft glauben. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024