3. Fastensonntag A 2002
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Die katholische Predigtsammlung von Pfarrer Poschenrieder
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3. Fastensonntag 2002 A

Messtexte | Word-Dokument

Nur wenige von Ihnen werden die Wüste schon einmal live erlebt haben. Wer aber schon einmal einen Tag in einer Wüste erleben durfte, der weiß, dass die Wüste in Wirklichkeit nicht so ist, wie sie sich 90 % aller Europäer vorstellen. Die Wüste ist Wildnis, endlose Weite. Wenn die Sonne am Horizont aufgeht, steigt eine glühende Hitze auf. In der Nacht macht man die völlig gegenteilige Erfahrung: Es wird bitterkalt. Wenn wir den schönen, braunen Sand in den Blick nehmen, dann denken wir normalerweise an Urlaub am Meer, an Sonnenbad und Abkühlung im salzigen Nass. Doch diese Träumerei könne wir sofort wieder vergessen: Wüstensand ist wie Staub, der in den Augen beißt, der zwischen den Zähnen knirscht und durch jede noch so winzige Lücke des Gewandes hindurchschlüpft. Er ist trocken, ohne jede Feuchtigkeit. Jeder Wüstenreisende gewinnt den Eindruck, dass der Mund voll Sand ist und man nicht mehr atmen kann, weil es so trocken ist. Wenn es aber regnet, fallen keine Tropfen vom Himmel, sondern ein wahrer Wolkenbruch, der sich zu einer reißenden Flut entwickelt. In der sonst so trockenen und für die Gefahr des Verdurstens bekannten Wüste wird dieses Wasser zu einer akuten Gefahr. Dieser Strom kann vieles mitreißen.

Die 40tägige Fastenzeit ist vergleichbar mit so einer geistigen Wanderung durch die Wüste. Jetzt – 3 Wochen nach dem Beginn der österlichen Bußzeit – werden wir von einer gewissen Müdigkeit ergriffen und suchen nach einer Stärkung. Der heutige dritte Fastensonntag präsentiert uns diese Stärkung – das lebendige Wasser.

Ohne Wasser kann kein Mensch überleben. In der Wüste sehen wir, wie schnell durch die Kraft des Wassers aus einer unfruchtbaren Wildnis ein wunderbarer, lebendiger Garten werden kann.

Auch die Israeliten erlebten beim Auszug aus Ägypten eine derartige Durststrecke. In der Lesung aus dem Buch Exodus hörten wir von dieser langen Wüstenwanderung. Die Menschen murren gegen Gott, weil sie kein Wasser mehr haben. Ihr Durst steigert ihre Sehnsucht nach Wasser so intensiv, dass Gott eingreift und zu Moses spricht: Nimm den Stab, mit dem du auf den Nil geschlagen hast und durch den sich der Nil in Blut verwandelte – das war die 1. Plage, die Gott den Ägyptern geschickt hatte – und benütze ihn jetzt für das Gegenteil. Schlag ihn an den Felsen und es wird erfrischendes Wasser hervor fließen.

Mehr denn je spürten die Juden die Lebensnotwendigkeit des Wassers. Ohne Wasser wären sie elendig verdurstet. Aufgrund dieses Wunders aber glaubten sie wieder an Gott.

Im Heiligen Land ist es auch heute noch so, dass es gut ist, immer eine Flasche Wasser bei sich zu haben, denn die trockene Hitze ist gefährlich. Man merkt nämlich gar nicht, dass der Körper austrocknet.

Jesus kam um die Mittagszeit an einen Ort in Samarien. Um diese Tageszeit brannte die Sonne am heißesten und Jesus war nicht nur müde, sondern eben auch sehr durstig. Man kann gut nachvollziehen, wie köstlich es ist, nach einem anstrengenden Fußballspiel oder einer mühsamen, schweißtreibenden Arbeit, ein erfrischendes Getränk zu konsumieren, mit dem man seinen Durst löschen kann.

Jesus bittet eine samaritanische Frau, ihm Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen. Gib mir zu trinken! So spricht er diese Frau an. Als fremder Mann eine Frau anzusprechen war damals absolut unüblich, noch dazu, wenn diese eine Samariterin – also eine halbe Heidin – war. Die Samariter wurden nämlich von den Juden verachtet, da sie Gott nicht im Tempel von Jerusalem anbeteten.

Der Hinweis auf das lebendige Wasser, das Jesus ihr geben möchte, führt über das Gespräch über die insgesamt 5 Ehemänner zum Thema der Anbetung. Die Frau erkennt ihn Jesus einen Propheten, zu dem sie Vertrauen hat und dem sie nun ihre Fragen stellt. Die Streitfrage damals war der lächerliche Punkt, wo Anbetung stattfinden soll. Jesus bringt einen neuen Aspekt. Gott ist Geist und wir müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.

Da stellt sich uns aber heutzutage auch eine Frage: Beten wir Gott überhaupt noch an? Ist uns Gott überhaupt noch wichtig? Die Anbetungsstunden vor dem Allerheiligsten werden auf das Minimum verkürzt, weil wir uns immer weniger Zeit dafür nehmen. Können wir überhaupt noch anbeten? Scheint vielen nicht die stille Anbetung vor dem eucharistischen Herrn als vergeudete Zeit? Als Zeit, mit der sie nichts mehr anfangen können?

Dies sind einige Fragen, die wir uns heute stellen müssen. Denn dem allmächtigen Gott gebührt immerdar Lobpreis und Anbetung. Gott wartet in der Gestalt des Brotes auf uns. Wie viele Gnaden fließen doch aus der eucharistischen Anbetung hervor!

Zweimal wird in den Evangelien berichtet, dass Jesus Durst hat. Einmal hier beim Jakobsbrunnen, wo er dann auf die Anbetung hinweist. Das zweite Mal am Kreuz: Mich dürstet.

Sogar am Kreuz kommt Jesus auf sein Anliegen am Jakobsbrunnen zurück: ANBETUNG. Wenn Jesus diese Worte am Kreuz sagt, dann dürstet ihn nach Anbetung. Geben wir ihm keinen Essig, von dem er nur noch mehr Durst bekommt, sondern beten wir ihn wirklich an! Nehmen wir uns regelmäßig Zeit zur Anbetung! So können wir Jesu Durst nach Anbetung stillen.

Auch die Heilige Messe besitzt diesen Anbetungscharakter, der viel zu oft in den Hintergrund zurückgedrängt wird, wenn oberflächliche „Gestaltung“ unsere Sinne vom eigentlichen Zentrum der Heiligen Messe ablenkt. Besonders nach der Kommunion sollten wir eine gewisse Zeit der innigen Anbetung im Gebet verbringen. Wir dürfen persönlich mit Jesus sprechen, wir dürfen ihm für seine Gnade danken, wir dürfen ihn in diesen Augenblicken der Vereinigung in Stille anbeten.

Jesus fordert uns auf, um das lebendige Wasser zu bitten, das nicht mehr durstig macht. Dieses lebendige Wasser schenkt er uns immer mehr, je öfter wir uns auch Zeit für die Anbetung nehmen. Verlieren wir nicht den Mut, wenn es uns am Anfang noch sehr mühsam fällt, längere Zeit vor dem Allerheiligsten zu verharren. Nicht aufgeben! Auch Anbetung muss man langsam lernen.

Was können wir heute von der Samariterin mit in unseren Alltag nehmen? Die Frau äußerte den Wunsch: Gib mir dieses lebendige Wasser! Sie hatte Sehnsucht nach diesem Wasser. Oftmals fehlt uns diese Sehnsucht nach dem Wasser, das ewiges Leben schenkt. Und ohne dieses Wasser verdursten wir in unserem geistlichen Leben. Also soll unser aller Wunsch heute lauten: Herr, gib uns dieses Wasser, das nicht mehr durstig macht. Amen.


© Pfarrer Christian Poschenrieder 2024